Stimmliche Charakteristika

Unter Stimmanalyse versteht man die kriminalpolizeiliche Herangehensweise, einen Täter anhand seiner Stimme zu identifizieren. Mit der menschlichen Entwicklung verändert sich auch die eigene Stimme und es bilden sich habituelle Angewohnheiten heraus. Unter „habituell“ versteht man bestimmte Angewohnheiten, die der Sprecher sich mit zunehmender Zeit selbst angewöhnt oder von anderen schrittweise übernimmt. Dies hat weniger mit der Grammatik, sondern mehr mit dem Sprachtempo und der Aussprache einiger Laute zu tun. Die Sprachgeschwindigkeit kann anhand der Silbenzahl pro Minute ermittelt werden. 

Ein weiteres Merkmal des Sprechers ist dessen Sprachmelodie. Anhand der Frequenz wird geprüft, ob der Täter eher monoton spricht oder eine Bewegtheit (Intonation) feststellbar ist. Regelmäßiges Abweichen von der mittleren Frequenz, weist auf eine melodische Sprechweise hin.

Neben der Silbenzahl pro Minute ermitteln Forensiker auch das Pausenverhalten eines Täters. So werden aus Häufigkeit, Dauer und Platzierung einer Pause Rückschlüsse auf den Täter gezogen. Bei Pausen wird außerdem zwischen reinen und gefüllten Pausen unterschieden. Eine gefüllte Pause ist gemeint, wenn der Sprachfluss durch Füllwörter wie „Äh“ und „Ehm“ unterbrochen wird. Zudem können Pausen durch Atemgeräusche gefüllt werden. Das Atemverhalten ist individuell und ein weiteres habituelles Merkmal. Die verschiedenen Charakteristika menschlichen Sprechens werden am Ende der forensischen Spracherkennung in einer Wahrscheinlichkeitsaussage zusammengefasst. Diese Wahrscheinlichkeitsaussage bezieht sich auf die Identität beziehungsweise Nichtidentität des Sprechers.

Stimmanalyse durch Zeugenwahrnehmung
Durch Zeugen wahrgenommene Stimmen zählen im Allgemeinen zu umstrittenen Beweismitteln. Man muss hierbei zwischen zwei Fällen unterscheiden. Wenn die Stimme des Täters dem Zeugen bekannt ist, wird die Aussage als reguläres Beweismittel vor Gericht verwendet. Dies kann allerdings in Frage gestellt werden, wenn ungünstige Faktor vorliegen. Bei einem Banküberfall verstellt der Täter häufig seine Stimme, spricht kurz angebunden oder schreit. Besonders strittig sind auch Telefonanrufe. Der Einzelne weiß aus Erfahrung, dass teilweise nicht einmal Verwandte am Telefon erkannt werden.

Der zweite Fall besteht darin, dass der Täter dem Opfer unbekannt ist. In diesem Fall kann gegebenenfalls eine Gegenüberstellung von Stimmen hilfreich sein. Diese Gegenüberstellung kann akustisch, visuell oder audiovisuell durchgeführt werden. Um den Gehalt der Aussage zu erhöhen, müssen möglichst viele Stimmen gegenübergestellt werden. Wird eine Stimmgegenüberstellung durchgeführt, untersucht ein unabhängiger Experte das Auswahlverfahren des Zeugen. Auch nur bei geringstem Zweifel an der Methodik des Zeugen, kann das Beweisverfahren vor Gericht angefochten werden.