Allgemeines

Die polizeiliche Kriminalprävention rät von einer Selbstverteidigung grundsätzlich ab. Soweit möglich sollten Betroffene stattdessen flüchten, um die mit einer Konfrontation einhergehenden Verletzungsrisiken zu vermeiden. Es liegt jedoch im Wesen einer Sicherheitsdienstleistung, durch die Bewachung fremder Rechtsgüter zur potentiellen Zielscheibe eines Angriffes zu geraten. Ein selbstbewusstes öffentliches Auftreten und aufmerksame Wahrnehmung des Geschehens reduziert die Gefahr eines Angriffes und wirkt auf mögliche Täter abschreckend. Sobald Anzeichen für eine Konfrontation erkennbar sind, sollten Sicherheitskräfte unmittelbar eine Deeskalation der Situation anstreben.

Es gibt zahlreiche Selbstverteidigungstechniken. Diese können durch die Nutzung von Weiterbildungsangeboten ausgebaut werden. Mitarbeiter können lernen, sich gegen spezifische Gefahren zu wappnen und beispielsweise Reaktionen auf Angriffe durch Schlagwaffen oder den Umgang mit Schnitt-  und Stichwaffen üben. Des Weiteren gibt es  zahlreiche Hebe- oder Festhaltetechniken, um sich aus einer Umklammerung zu befreien. 

Eigensicherung

Zur Selbstverteidigung gehören neben taktisch geschicktem Verhalten auch präventive Maßnahmen. Durch das Auswahl und Tagen persönlicher Schutzausstattung (PSA)  kann einem Angriff vorgebeugt werden. Zu der PSA eines Sicherheitsmitarbeiters im Außendienst gehören insbesondere: Sicherheitsschuhe, Handleuchte, Handschuhe und gegebenfalls ein Helm. Sicherheitsschuhe sollten witterungsresistent sein und dem Träger einen festen Stand vermitteln. Die Schutzausstattung kann durch Westen mit schuss- oder stichhemmenden Eigenschaften und/oder Protektoren ergänzt werden.   

Umfang von Verteidigungsrechten

Je nach Intensität der (drohenden) Beeinträchtigung stehen den Ausübenden gewerblicher Sicherheitsdienstleistungen verschiedenen Befugnisse unterschiedlichen Umfanges zu. Anders als die Ordnungsmacht des Staates, welches ihren Ausdruck in Polizei, Ordnungsämtern und Militär findet, dürfen Sicherheitsmitarbeiter keine Hoheitsrechte ausüben. Es handelt sich um private Rechtssubjekte. Das handwerkliche Rüstzeug von Bewachungskräften speist sich folglich aus den sogenannten „Jedermannsrechten“. 

Je nach Situation stehen verschiedene Jedermannsrechte zur Auswahl:

Keine Interessenabwägung bei Notwehr

Das Notwehrrecht gemäß § 32 StGB „sticht“ aus dieser Auszählung heraus, indem es keine strenge Güterabwägung zwischen dem angegriffenen Rechtsgut und dem durch eine Verteidigungshandlung hervorgerufenen Eingriff fordert. Daher wird es teils auch als „scharfes Schwert“ bezeichnet. Bei einem Notstand muss das Interesse an der Erhaltung des angegriffenen Rechtsgutes den Eingriff in die Rechtsgüter des Angreifers wesentlich überwiegen. Durch den Wortlaut „Verteidigung, die geboten ist“ erfährt § 32 StGB jedoch auch Einschränkungen. 

Sicherheitskräfte handeln demnach rechtswidrig, wenn die Verteidigungshandlung in einem „krassen Missverhältnis“ zu der Intensität des Angriffes steht. Das Gesetz führt selbst nicht im Einzelnen aus, wann ein solches Missverhältnis anzunehmen ist. Es käme zum Beispiel in Betracht, wenn verbale Attacken mit körperlicher Gewalt beantwortet werden. Oder wenn Vermögenswerte in Gefahr sind (zum Beispiel Diebstahl), Gewalt in lebensbedrohlichem Maße angewandt wird. 

Weitere wichtige Fallgruppen zur Einschränkung des Notwehrrechtes sind zu beachten, wenn Angriffe von erkennbar schuldlosen Personen auszugehen. Praxisrelevantes Beispiel ist der Gast eines Nachtclubs, welcher nach außen hin erkennbar derartig viel Alkohol konsumier hat, sodass er nicht mehr „Herr seiner Sinne“ ist. Schuldlosigkeit kann auch bei besonders jungen Tätern (Minderjährige) angenommen werden.

Umstritten ist wiederum auch die Frage, ob die betroffenen Sicherheitskraft ihre Notwehrrechte verliert, wenn sie den Angriff zuvor provozierte. Eine solche sogenannte Notwehrprovokation kann anzunehmen sein, wenn sich gegenseitig ausgetauschte Beleidigungen in eine Aggressionsspirale steigern und in einer physischen Auseinandersetzung münden.

Anwendungsbereich des Notstandes

Während die Grenzen zur Notwehr erst bei einem „krassen Missverhältnis“ überschritten sind, fordert § 34 StGB für den Notstand sogar eine strenge Interessenabwägung. Die Norm gewährt Bewachungsmitarbeitern damit die Anwendung physischer Gewalt in deutlich regulierterem Umfang. Ist die Norm zwar auf Rechtsfolgenseite enger gefasst, sind die Voraussetzungen damit man überhaupt in einen Notstand gerät, umgekehrt deutlich offener: § 32 StGB setzt einen Angriff voraus. Bei § 34 StGB genügt dagegen (irgendeine) Gefahr. 

Ein Angriff ist eine Bedrohung rechtlich geschützter Güter, hervorgerufen durch menschliches Tun. Gefahren dagegen müssen nicht von Menschen ausgehen. Im rechtlichen Sinne erfasst das Merkmal Gefahr beispielsweise auch Attacken durch einen bissigen Hund. 

Siehe auch