Allgemeines
Sicherheitsgewerbliche Dienstleister werden von der Rechtsordnung als Privatpersonen erfasst. Ihr Tätigwerden im Falle eines Angriffes oder einer Gefahr beruht aufgrund der Verpflichtungen aus einem Bewachungsvertrag. Dagegen werden staatliche Organe wie zum Beispiel Polizei und Ordnungsamt aufgrund der Schutzpflichten des Staates tätig. Das Sicherheitspersonal ist nicht unmittelbar Bestandteil staatlicher Organe, sondern steht auf „Bürgerseite“.
Die Rechte von Sicherheitsmitarbeitern ergeben sich aus den sogenannten Jedermannsrechten und im Einzelfall aus dem Hausrecht. In bestimmten Ausnahmekonstellationen kann der Staat seine Sonderbefugnisse (Hoheitsrechte) auf das Sicherheitspersonal übertragen. Zum Beispiel durch einen sogenannten Beleihungsakt.
Rechte nach dem StGB
Im Falle einer gegenwärtigen und rechtswidrigen Bedrohung rechtlich geschützter Güter stehen einer Sicherheitskraft Rechtfertigungsgründe zur Seite. Wenn durch eine andere Person zum Beispiel das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder fremde Vermögensinteressen gefährdet werden, muss dieser Angriff nicht einfach hingenommen werden. In diesem Fall dürfen ausnahmsweise körperliche Maßnahmen ergriffen werden, die in einem anderen Kontext strafbar wären.
Das Strafgesetzbuch statuiert dazu folgende Rechte:
§ 32 StGB | Notwehr und Nothilfe |
§ 34 StGB | Rechtfertigender Notstand |
Ungeschriebene, aber anerkannte Rechtfertigungsgründe | Rechtfertigende Einwilligung
Rechtfertigende Pflichtenkollision |
Rechte nach dem BGB
Ergänzt werden die oben genannten Befugnisse durch das Bürgerliche Gesetzbuch. Dieses bezieht sich allerdings nicht auf die Frage, ob sich ein Sicherheitsmitarbeiter im Einzelfall strafbar gemacht hat, sondern auf zivilrechtliche Fragen. Zum Beispiel, inwieweit Pflichten zu Schadensersatz oder sonstiger finanzieller Kompensation besteht, wenn durch eine Verteidigungshandlung fremde Vermögenswerte beschädigt worden sind.
Nach dem BGB stehen folgende Rechtfertigungsgründe zur Verfügung:
§ 227 BGB | Notwehr |
§ 228 BGB und § 904 BGB | Notstand (defensiv) und Notstand (aggressiv) |
§ 229 BGB | Selbsthilfe |
§ 859 BGB | Selbsthilfe des Besitzers beziehungsweise des Besitzdieners |
Rechte nach der StPO
Die Strafprozessordnung berechtigt eine Sicherheitskraft, eine andere Person (unter strengen Voraussetzungen) vorläufig festzunehmen:
§ 127 StPO | Vorläufige Festnahme |
Hausrecht
Als Hausrecht bezeichnet man die Macht, zu entscheiden, welche Person wann und unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück betreten kann. Es steht grundsätzlich dem Eigentümer beziehungsweise Besitzer des Grundstückes zu. Die Rechtsordnung verwendet nicht ausdrücklich den Begriff „Hausrecht“. Es leitet aber zivilrechtlich aus den Besitz(schutz)rechten gemäß §§ 858 ff. BGB ab. Ebenso wurzelt es im Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB. Danach kann der Eigentümer im Falle einer Beseitigung von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.
Ferner ist die Durchsetzung des Hausrechts durch das Strafrecht geschützt. Demgemäß wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer sich gegen den Willen des Berechtigten auf einem Grundstück widerrechtlich aufhält oder widerrechtlich darin eindringt. Hausfriedensbruch begeht damit zum Beispiel der Gast einer Diskothek, wenn er sich entgegen der (berechtigten) Aufforderung des Sicherheitsmitarbeiters nicht von der Veranstaltung entfernt. Das Hausrecht kann im Falle einer Nichtbeachtung durch Notwehr, Nothilfe oder auf Grundlage eines rechtfertigenden Notstandes auch gewaltsam durchgesetzt werden.
Anders als die oben beschriebenen Jedermannsrechte steht das Hausrecht nicht der Allgemeinheit zu. Es kann nur vom Eigentümer oder Besitzer wirksam ausgeübt werden. Sicherheitskräfte bewachen fremde Vermögenswerte. Sie sind nicht Eigentümer des Schutzobjektes. Ihr Hausrecht leitet sich in der Regel aus einem Bewachungsvertrag mit dem Auftraggeber ab. Der Bewachungsauftrag verleiht Bewachungsmitarbeitern entweder den Status eines Besitzers oder Besitzdieners. Als Besitzdiener nehmen die Sicherheitskräfte das Hausrecht faktisch in Stellvertretung für den Eigentümer wahr.
Hausverbote sollte niemals willkürlich ausgesprochen werden. Insbesondere bei öffentlich zugänglichen Veranstaltungen kann das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Anwendung finden, § 2 AGG. Diskriminierende Auswahlkriterien und sonstige Formen der Benachteiligung können zu erheblichen Entschädigungsansprüchen der Betroffenen führen.
Sonderfall: Übertragung von Hoheitsrechten
Wie bereits festgestellt, fällt die Durchführung kommerzieller Sicherheitsdienstleistungen unter das Privatrecht und die Sicherheitsmitarbeiter dürfen keine staatliche Gewalt anwenden (Gewaltmonopol des Staates). Doch im Einzelfall kann der Staat ausnahmsweise ausgewählte Hoheitsrechte an gewerbliche Sicherheitskräfte übertragen. Dazu bedarf es wiederum einer tauglichen Rechtsgrundlage. In der Sicherheitspraxis haben sich insbesondere folgende Instrumente bewährt:
- Beleihung: hier werden einzelne Mitarbeiter mit Sonderrechten ausgestattet. Die Sicherheitskräfte dürfen zum Beispiel Durchsuchungen oder Identitätskontrollen durchführen, um die Polizei zu entlasten und ihr bei ihrer Arbeit zu helfen. Diese Form der Privatisierung findet zum Beispiel statt bei Fluggastkontrollen in der zivilen Luftfahrt. Siehe für vertiefende Informationen den Artikel: Luftfahrtsicherheitsassistent.
- Public Private Partnership (PPP): der Oberbegriff für eine vertragliche Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsunternehmen und einer öffentlich-rechtlichen Institution (zum Beispiel Landespolizeibehörde oder Ordnungsämter).
Der Privatisierung sind nach dem Gewaltmonopol des Staates und Verfassungsordnung durch das Grundgesetz jedoch Grenzen gesetzt. So darf der Kernbereich staatlicher Verantwortung (vor allem Gesetzgebung, Rechtsprechung, öffentliche Sicherheit und Ordnung) nicht auf Privatunternehmen delegiert werden. Bei jeder Kooperation und Übertragung von Hoheitsrechten verbleibt ferner ein sogenannter Funktionsvorbehalt beim staatlichen Akteur. Das heißt, die Übertragung kann einseitig durch den Hoheitsträger rückabgewickelt oder eingeschränkt werden.