Allgemeines

Unter Mindestlohn versteht man nach § 1 Mindestlohngesetz eine staatlich festgelegte Lohnuntergrenze, welche in Beschäftigungsverhältnissen nicht unterschritten werden darf. Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Danach dürfen Arbeitnehmer und Arbeitgeber entscheiden, welcher Arbeit zu welchen Konditionen an welchem Ort, etc. nachgegangen werden soll. Da in der Praxis jedoch häufig ein Ungleichgewicht zwischen der Verhandlungsmacht von Betrieb und Mitarbeitern besteht, schränkt der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit zum Schutze der Beschäftigten ein. 

Nachdem in der Sicherheitsbranche in den Jahren 2011-2013 bereits ein branchenspezifischer Mindestlohn eingeführt worden ist, trat durch das Mindestlohngesetz zum 1. Januar 2015 ein allgemeiner, bundesweit gültiger Mindestlohn in Kraft. 

Sinn und Zweck

Durch die Einführung einer Lohnuntergrenze soll zum einen die Tarifautonomie gestärkt und zum anderen die soziale Existenz von Arbeitnehmern geschützt werden. Der Mindestlohn soll bei einer Vollzeitbeschäftigung von 40 Stunden pro Woche ein Leben oberhalb der Armutsgrenze ermöglichen. Die Höhe des Mindestlohns bemisst sich nach der Preisentwicklung in Deutschland. 

Gemäß § 9 Abs. 2 MiLoG  prüft eine Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Dazu hat sie ausdrücklich das tarifliche Geschehen mit einzubeziehen. 

Anwendbarkeit des Mindestlohnes

Der Mindestlohn gilt zunächst für alle, die als Arbeitnehmer einer Tätigkeit in Deutschland nachgehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer aus Deutschland aus einem anderen EU-Land stammt. Würde das Gesetz nur in Deutschland zur Anwendung kommen, führte dies zu einem Lohndumping. Betriebe könnten Leiharbeitnehmer zu günstigeren Preisen in Deutschland beschäftigen und es drohte die Gefahr eines Verdrängungswettbewerbes für inländische Kräfte. 

Der Mindestlohn kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Vertragliche Abreden sind nichtig. Wird die Lohnuntergrenze unterschritten, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung der Differenz. Daher spricht man auch vom „zwingenden Charakter“ des Mindestlohngesetzes.

Allerdings wird der gesetzliche Mindestlohn von Tarifrecht verdrängt. Tarifgebundene Sicherheitskräfte haben kein Recht auf Mindestlohn. Hintergrund dieser Überlegung: Tarifverträge werden in der Regel zum Schutz des Beschäftigten geschlossen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die kollektivrechtlichen Bestimmungen dem Schutzanliegen ausreichend Rechnung tragen und eine Armutsgefährdung von Sicherheitskräften mit Tarifvertrag nicht besteht. 

In der Bundesrepublik Deutschland sind zurzeit etwa 67 Prozent der Angestellten Wach- und Sicherheitskräfte tarifgebunden (Stand Febr. 2022). Zum Vergleich der Durchschnitt liegt bei ca. 50 Prozent. Diese Quote führt zwar dazu, dass für die Mehrheit der Sicherheitskräfte bereits ohne das MiLoG ein rechtlicher Schutzmechanismus geschaffen worden ist. Umgekehrt wäre aber jeder dritte Arbeitnehmer im Sicherheitsgewerbe durch Dumping-Löhnen gefährdet, wenn es an einer gesetzlichen Lohnuntergrenze fehlte. 

Erhöhung des Mindestlohnes

Nach § 1 Abs. 2 MiLoG ist eine stufenweise Erhöhung des Mindestlohnes vorgesehen. Bei Einführung des MiLoG am 1. Januar 2015 betrug er noch 8,50 Euro. In den Folgejahren stieg er schrittweise an: so wurde er 2017 auf 8,84 erhöht, 2019 nochmals auf 9,19 Euro. Im 1. Halbjahr 2021 stieg er an auf 9,50 Euro. 

Im Oktober 2022 wird der Mindestlohn kräftig angehoben. Es ist ein Sprung auf 12 Euro brutto vorgesehen. Bei der bisherigen Preisentwicklung würde dieser Wert erst im Jahr 2030 erreicht werden. 

Hintergrund des Sprunges sind eu-weite Bestrebungen eines einheitlichen Mindestlohnes. Der deutsche Mindestlohn ist im europäische Raum vergleichsweise gering. Ebenso geht die Regierung davon aus, dass die bisherige Entwicklung nicht ausreichend sei, um Armut im Alter zu verhindern. 

Die Erhöhung ist nicht unumstritten. So befürchten Gegner eine Schwächung der Tarifautonomie, Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Lohnstauchungen am unteren Ende der Lohnskala. Gegenüber der Einführung des allgemeinen Mindestlohnes im Jahr 2015 fällt die Kritik jedoch relativ zurückhaltend aus.