Der Begriff Fluchtverdacht ist im Zusammenhang mit dem vorläufigen Festnahmerecht nach § 127 StPO von Bedeutung. Jedermann ist dazu befugt, einen auf frischer Tat betroffenen Täter vorläufig festzunehmen, wenn er der Flucht verdächtigt wird. Da dieses Festnahmerecht nicht nur für amtliche Behörden wie Staatsanwaltschaft und Polizei gilt, sondern auch für zivile Sicherheitsdienste und Privatpersonen allgemein, spricht man auch vom Jedermannsrecht. Das Tatbestandsmerkmal Fluchtverdacht ist erfüllt, wenn der Täter sich so verhält, dass der Festnehmende vernünftigerweise von einer Flucht ausgehen muss. Vernünftigerweise heißt hier: aus der Sicht eines verständigen und besonnen handelnden Durchschnittsmenschen.

Das vorläufige Festnahmerecht muss bestimmte Grundsätze der Verhältnismäßigkeit beachten. Die damit einhergehende Einschränkung der Bewegungsfreiheit muss in angemessener Relation zum Schaden des mutmaßlichen Deliktes stehen. Ein Festhalten von Kfz-Fahrern infolge eines Bagatellunfalls wegen Verdacht der Fahrerflucht wäre beispielsweise unverhältnismäßig. Etwas anderes gilt grundsätzlich bei Raub oder Körperverletzung.