Einführung
Unter Arbeitnehmerhaftung versteht man die Haftung des Arbeitnehmers mit dem eigenen Vermögen im Zusammenhang mit Schäden, welche am Arbeitsplatz entstehen. Allgemein gilt, dass der Schädiger voll und ganz für die Herstellung des vorherigen Zustandes einzustehen hat. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Durchbrechung. Demnach wird die arbeitnehmerseitige bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten kraft Gesetz eingeschränkt. Diese Einschränkung bezeichnet man als sogenannte Haftungsprivilegierung.

Im Zivilrecht, also den Vorschriften, welche das rechtliche Verhältnis zwischen Privatpersonen regelt, finden sich zahlreiche Haftungsprivilegierungen. Neben dem Arbeitsrecht zum Beispiel auch in der verminderten Schuldfähigkeit Minderjähriger (§ 828 BGB), Haftung von Ehegatten untereinander (§ 1359 BGB), Haftung von Gesellschaftern untereinander (§ 708 BGB), u.v.m.

Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleiches
Die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber für Schäden am Arbeitsplatz richtet sich nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleiches. Es handelt sich dabei um ein Modell, dass durch die Gerichte im Laufe der Jahre entwickelt worden ist und als sogenannte Rechtsfortbildung den Charakter eines verbindlichen Gesetzes hat.

Haftungsübersicht

Dem Modell zufolge gilt für Arbeitnehmer Folgendes:

Verschuldensgrad Haftungsgrad
Leichte Fahrlässigkeit Der Arbeitnehmer ist vollständig von der Haftung befreit und muss keinen Ersatz leisten
Mittlere Fahrlässigkeit Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich den Schaden in gleiche Anteile auf
Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz Der Arbeitnehmer muss für den entstandenen Schaden voll und ganz haften
Mit anderen Worten: je höher der Verschuldensgrad, desto höher liegen die zu erbringenden Haftungsbeiträge. 

 

Begriff der Fahrlässigkeit

Die Prinzipien des innerbetrieblichen Schadensausgleiches führen zu der Frage, wann Fahrlässigkeit vorliegt und inwieweit sich die einzelnen Stufen fahrlässigen Verhaltens unterscheiden. 

Gemäß § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, die ein besonnen und gewissenhaft handelnder Dritter in der selben Situation an den Tag gelegt hätte. Der Schädiger handelt also pflichtwidrig, ohne dass er dies so wollte. Dagegen handelt vorsätzlich, wer einen Schaden gerade mit Wissen und Wollen herbeiführen möchte.

Die Grenzen zwischen einfacher und mittlerer Fahrlässigkeit sind fließend. Hier kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Diese Unterscheidung ist in der Praxis jedoch von geringerer Bedeutung. Wer im gewerblichen Wachgewerbe nach § 34a GewO angestellt ist, benötigt eine Haftpflichtversicherung. Dessen Mindesthöhe richtet sich nach § 6 Abs. 2 BewachV. Die dort aufgelisteten Summen je nach Schadensereignis werden von Versicherungen häufig überschritten. Damit ist der Arbeitnehmer bei einfacher und mittlerer Fahrlässigkeit faktisch abgesichert 

Von weitaus größerer Bedeutung ist die Frage, wann die Schwelle zur groben Fahrlässigkeit überschritten ist. In diesem Falle kommt es in der Regel zu keiner Kostenübernahme durch die Versicherung. Folglich hat die Unterscheidung von mittlerer und grober Fahrlässigkeit gravierende finanzielle Auswirkungen für den Beschäftigten. 

Nach einem richtungsweisenden Urteil des BGH (BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 – XII ZR 197/05) handelt grob fahrlässig, wer in gröbster Weise Sorgfaltspflichten missachtet, welche sich einem besonnen und gewissenhaft handelnden Dritten geradezu aufgedrängt hätten. 

Beispiel: Kaufhausdetektiv K vergisst nach Ladenschluss die Tür zu verschließen. In dessen Folge betritt Dieb D die Filiale und entwendet mehrere Weinflaschen.

Beweislast

Die Haftung des Arbeitnehmers wird nicht nur nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleiches modifiziert. Ferner gibt es prozessuale Besonderheiten zugunsten des Beschäftigen zu beachten. 

Während bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen ein Verschulden grundsätzlich vermutet wird, vgl. § 280 Abs. 1 BGB, gilt dies gemäß § 619a BGB für Arbeitnehmer gerade nicht. Danach trifft den Arbeitgeber die Beweislast. Er muss darlegen können, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig handelte und gerade aufgrund diesen Verhaltens ein Schaden eingetreten ist.

Schadensobergrenze 

Wurde ein Verschulden einmal nachgewiesen stellt sich die Frage, ob es eine bestimmte Obergrenze für Schäden zu beachten ist. Im Gesetz fehlt es an einer solchen ausdrücklichen Grenze. 

Allerdings leiten zahlreiche Gerichte aus dem Grundsatz von „Treu und Glauben“, § 242 BGB, eine gewisse Deckelung ab. Danach soll eine lebenslange Belastung des Arbeitnehmers verbunden werden. Der Betroffene soll sich nicht durch eine einzige Handlung vollständig ruinieren. Daher begrenzt die Rechtsprechung die Haftungssumme im äußersten Fall auf drei Bruttomonatsgehälter oder ein Jahresgehalt (zum Beispiel in einem Fall des BAG, Urteil vom 28.10.2010 – 8 AZR 418/09).