Strafbarkeit des Versuchs

Der Versuch einer Straftat ist das Gegenstück zur vollendeten Tat. Das Delikt hatte sich noch nicht realisiert, sonder blieb in der Ausführungshandlung stecken. 

Beispiel: Wachkraft W beobachtet, wie Dieb D mit einer Brechstange ein Garagentor „bearbeitet“, um einen wertvollen Oldtimer zu stehlen. Während D noch damit beschäftigt ist, das Tor zu öffnen, kommt ihm W zuvor und schlägt die Brechstange D aus der Hand. 

Die Strafbarkeit des Versuchs ist in § 23 StGB geregelt. Demnach ist ein Versuch stets strafbar, wenn es sich bei der Tat um ein Verbrechen handelt. Verbrechen sind nach § 12 StGB alle Delikte, deren Mindeststrafe mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt. Zum Beispiel Raub gem. § 249 StGB oder schwere Brandstiftung, vgl. § 306a Abs. 1 StGB.

Neben Verbrechen sind auch Vergehen gemäß § 23 StGB strafbar, wenn die Strafbarkeit des Versuchs in der Strafnorm ausdrücklich erwähnt ist. Vergehen sind Delikten unterhalb des Verbrechen. Also Straftaten, deren Mindeststrafmaß unter einem Jahr liegt. 

Beispiel eines Vergehens, dessen Versuch strafbar ist: § 242 StGB (Diebstahl)

  1. Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
  2. Der Versuch ist strafbar.

 

Unterschied zur Vorbereitungshandlung

Während der Versuch strafbar ist, gilt für die Vorbereitungshandlung Straffreiheit. Entscheidend für die Frage, ob noch eine straflose Vorbereitungshandlung oder ein strafbarer Versuch vorliegt, ist das Kriterium der Tatbegehung. Die Vorbereitung dient der Unterstützung irgendeiner Tathandlung, welche in der Zukunft einmal ausgeführt werden soll. Zum Beispiel, indem D aus dem Beispiel oben in den Baumarkt ginge und das Tatwerkzeug dort kaufen würde.

Beim Versuch hingegen setzt der Täter bereits unmittelbar zur Tat an. Wann ein solches unmittelbares Ansetzen vorliegt, hängt nach der sogenannten „Kombinationslösung“ des BGH aus einer Kombination von subjektiven und objektiven Gesichtspunkten ab. Die strafrechtlich relevante Schwelle zum unmittelbaren Ansetzen ist überschritten, wenn der Täter innerlich die Schwelle zum „Jetzt-gehts-los (mit der Tat)“ überschritten hat und von außen betrachtet ohne wesentliche Zwischenschritte mit einer Vollendung gerechnet werden muss, sodass das geschützte Rechtsgut bereits konkret gefährdet ist.

 

Strafbefreiender Rücktritt

Wenngleich § 23 StGB die Strafbarkeit des Versuchs regelt, ermöglicht § 24 StGB dem Täter einen strafbefreienden Rücktritt. Wer freiwillig die Vollendung der Tat aufgibt, bleibt straflos. Dies wäre im oberen Beispiel etwa der Fall, wenn D Zweifel an der Tat gekommen wären und er das Weite gesucht hätte. 

Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick verwundern. Hat der Täter schließlich zu einer kriminellen Tat angesetzt und damit eine rechtsfeindliche Gesinnung wird er trotzdem wegen dieser Tat nicht bestraft. 

Sinn und Zweck der Strafbefreiung ist insbesondere der Opferschutz. Bliebe der Täter in der Illegalität, obwohl er das Rechtsgut schließlich nicht verletz hat, gingen jegliche Anreize verloren, von der Tat abzusehen. Ein Rücktritt würde sich nicht „lohnen“, wenn er nichts an der Strafbarkeit ändern würde. Daher soll § 24 StGB dem Täter „eine goldene Brücke“ zur Rechtsordnung bauen. Diese Schutzerwägungen rechtfertigen somit die Straflosigkeit des Versuchstäters. 

Voraussetzung ist allerdings, dass die Tat aus Sicht des Täters nicht fehlgeschlagen ist und er freiwillig davon zurücktritt. Andererseits läge keine „Aufgabe der Tat“ vor, vgl. Wortlaut des § 24 Abs. 1 StGB. Wer nicht aus eigenen Motiven handelt, soll auch nicht von der Strafe befreit werden. Dann muss auch insbesondere eine taugliche Rücktrittsleistung erbracht werden. Dessen Anforderungen hängen davon ab, ob die Tat nach Vorstellung des Täters bereits beendet war oder nicht. Bei einem unbeendeten Versuch reicht ein einfaches Ablassen aus. Bei einem beendeten Versuch muss der Täter aktive Gegenmaßnahmen treffen, um eine endgültige Schädigen des Rechtsgutes zu verhindern. 

Schließlich muss der Rücktritt aus autonomen Motiven, also freiwillig erfolgen. Auf die Wertigkeit der Motive im Sinne moralisch-ethischer Maßstäbe kommt es nicht an. Auch „unmoralische“ Erwägungen erfüllen die Anforderungen. Nicht ausreichend sind Handlungen, die bloßer „Verbrechensvernunft“ geschuldet sind. Zum  Beispiel das Unterbrechen der Tatausführung, weil der Täter die nahenden Martinshörner vernimmt und sich nur einer Festnahme entziehen möchte.