Kurzerklärung

Unter Prozessgrundsätzen versteht man solche Prinzipien, die es im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen und gerichtlichen Prozessen zum Schutze der Teilnehmer zu beachten gilt. Alternativ spricht man auch von den strafrechtlichen Prozessmaximen.

Hintergrund

Strafen stellen den denkbar intensivsten Eingriff durch den Staat in die Freiheit seiner Bürger dar. Durch Geldstrafen und insbesondere Freiheitsstrafen werden die grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte und Garantien wie den Eigentumsschutz  erheblich eingeschränkt. Daher muss diese Form von Beschränkungen selbst beschränkt werden. 

Die Prozessgrundsätzen dienen hierfür als Maßstab und leiten sich insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip ab. Das Rechtsstaatsprinzip ist ein Gut von Verfassungsrang und leitet sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ab. Daraus sollen vor allem die Grundsätze von Verhältnismäßigkeit gewahrt und willkürliche oder missbräuchliche Ausübung von Macht verhindert werden. Prozessmaximen bilden die formalen Eckpunkte des Strafverfahrens.

Prozessgrundsätze im Einzelnen

Von den Strafverfolgungsbehörden Polizei, Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten sind vor allem folgende Prozessmaximen zu beachten: 

Legalitätsprinzip

Nach dem Legalitätsprinzip ist die Staatsanwaltschaft grundsätzlich dazu verpflichtet, Anklage zu erheben, wenn sie Kenntnis davon erlangt hat, dass eine Person mit überweisender Wahrscheinlichkeit eine Straftat begangen hat. Straftaten sind alle Vergehen und Verbrechen, die nach dem Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe stehen. Das Legalitätsprinzip spiegelt sich wieder in § 152 Strafprozessordnung (StPO).

Opportunitätsprinzip

Das Opportunitätsprinzip schränkt den oben genannten Grundsatz ein. Bei manchen Delikten können die Strafverfolgungsbehörden von Ermittlungen absehen. Dies betrifft insbesondere „weiche“ Delikte wie einfacher Diebstahl nach § 242 StGB oder Sachbeschädigung § 303 StGB. Das Opportunitätsprinzip ist in § 153 StPO enthalten. Es soll eine Überlastung der Gerichte verhindern. Delikte wie Hausfriedensbruch häufen sich in Großstädten täglich zum Teil hunderte Male. Würde die Staatsanwaltschaft jedes dieser Taten nachgehen müsse, fehlte es an Personal und Ressourcen, den „harten“ Delikten nachzugehen. 

In dubio pro reo

In dubio pro reo stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „im Zweifel für den Angeklagten“. Steht nicht mit hinreichenden Wahrscheinlichkeit fest, ob der Beschuldigte dies oder jedes begangen hat, ist er freizusprechen. Man kann nicht zu Lasten des Beschuldigten Vermutungen aufstellen. Dies verhindert zwar im Einzelnen die Aufklärung der Wahrheit. Andererseits ist das Risiko, den „Falschen“ verantwortlich zu machen, zu hoch. 

Öffentlichkeitsgrundsatz

Strafverfahren sind grundsätzlich öffentlich, § 169 GVG. Damit wird das Geschehen vor Gericht demokratisch legitimiert. Interessierte dürfen den Verhandlungen und der Urteilsverkündung beiwohnen. 

Freie Beweiswürdigung

Das Gericht wertet die belastenden und entlastenden Beweise nach freier Überzeugung, § 261 StPO. Damit soll Transparenz geschaffen werden. Dieser Grundsatz gilt nur im Hauptverfahren, also der mündlichen Verhandlung vor Gericht.