Begriff

Unter Privatisierung versteht man allgemein die Verlagerung bislang staatlicher Aufgaben, Tätigkeiten und Organisationsstrukturen auf privatwirtschaftliche Akteure. Zum Beispiel die teilweise Verschiebung von Maßnahmen der öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehr auf sicherheitsgewerbliche Dienstleister. Beispiel hierzu finden sich im Schutz von Atom- oder Chemieerzeugungsanlagen, Einrichtungen der Bundeswehr und insbesondere in der Luftfahrt. 

Entwicklungsgeschichte

Die Privatisierung ist ein noch eher jüngeres Phänomen auf dem europäischen Festland und hängt mit dem Leitbild eines zunehmende liberaleren und zurückhaltenden Staates sowie dem Integrationsprozess der Europäischen Union zusammen. In der us-amerikanischen und britischen Verwaltung wurden private Sicherheitsunternehmen bereits in den 1980er-Jahren eingesetzt. Etwa bei der Verwaltung von Justizvollzugsanstalten und Polizeiwachen. 

In der Bundesrepublik Deutschland kam es vor allem ab den 1990er-Jahren zu umfangreichen Kooperationen zwischen staatlichen Ordnungskräfte und privaten Wach- und Sicherheitsdienstleistungen. So wurden Passagier- und Gepäckkontrollen nicht mehr von der Bundespolizei (bis 2005 noch als Bundesgrenzschutz bezeichnet), sondern größtenteils von gewerblichen Sicherheitskräften durchgeführt. 

Ein weiterer Privatisierungsschub erfolgte durch die Zuhilfenahme Privater bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und weiteren Großveranstaltungen.

Rechtliche Schwierigkeiten

Die gewerbliche Bewachung fremden Lebens und Eigentums ist nicht Teil der inneren Sicherheit. Wachdienstleistungen werden durch § 34a Gewerbeordnung (GewO) reguliert. Die Branche ist damit Ausdruck des Wirtschaftsprivatrechts. Die Sicherheitsmitarbeiter stehen mit dem Kunden in einer zivilrechtlichen Beziehung (Auftraggeber – Auftragnehmer). Das Zivilrecht ist durch Gleichordnung gekennzeichnet. 

Zwischen den Ordnungskräften der Polizei und der Bevölkerung besteht dagegen ein Unterordnungsverhältnis (sogenanntes Subordinationsverhältnis) Staat-Bürger. Im öffentlichen Recht befinden sich die Akteure, anders als im Privatrecht, gerade nicht auf einer Stufe. Die Ordnungsbeamten sind durch die Grundrechte einerseits besonders zum Schutz verpflichtet. Andererseits verfügen sie auch über Sonderrechte. 

Diese unterschiedliche Zuweisung der gewerblichen Sicherheitskräfte in das Privatrecht und Ordnungshüter in das öffentliche Recht hat erhebliche Konsequenzen:

Aus den Grundrechten und dem sogenannten Gewaltmonopol fließt eine Schutzpflicht des Staates, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Es is eine der wichtigsten und grundlegendsten Aufgaben der öffentlichen Hand, ein geordnetes gesellschaftliches Miteinander zu ermöglichen und den Frieden unter der Bevölkerung zu wahren. 

Weil es sich um eine originär staatliche Zuständigkeit handelt, kann diese nicht einfach auf andere Akteure verlagert werden. Kern-Sicherheitsaufgaben sind damit stets Sache des Staates. Leichte Aufgaben können übertragen werden. Damit ist Spielraum für eine Gestaltung innerhalb dieser Grenzen gegeben. 

Gestaltungsmöglichkeiten

  1. „Aufgabenprivatisierung“:
    Private Wachunternehmen können als „verlängerter Arm“ staatlicher Behörden dienen. Das heißt, die Sicherheitskräfte übernehmen staatliche Aufgaben, ohne mit eigenen hoheitlichen Rechten ausgestattet zu werden. Dazu zählen zum Beispiel Dienstleistungen, anhand dessen der organisatorische Betrieb einer Polizeiwache erleichtert wird: die Entgegennahme von Notrufen, Aufnahme und Bearbeitung von Strafanzeigen und Strafanträgen, etc..
  2. „Vollzugsprivatisierung“:
    In der sogenannten Vollzugsprivatisierung werden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr eigenständig durch private Wachdienstleister durchgeführt. Hierfür ist eine Übertragung von staatlichen „Sonderrechten“ auf die Mitarbeiter notwendig. Bereiche, in denen eine solche umfassende Privatisierung erfolgen soll, erfordern eine gesetzliche Grundlage. Es ist ein staatlicher Übertragungsakt der Hoheitsrechte notwendig. Dies erfolgt zum Beispiel anhand eines Beleihungsaktes oder der Figur des „Verwaltungshelfers“. 

Siehe auch