Der Begriff Gewahrsam stammt aus dem Strafrecht und bezieht sich auf ein Tatbestandsmerkmal, welches erfüllt werden muss, um ein Eigentumsdelikt begehen zu können.
Gewahrsam meint, die tatsächliche Herrschaft über eine Sache mit Willen zum Besitz auszuüben. Es müssen also zwei Voraussetzungen vorliegen:
1. Verfügungsgewalt
2. Wille zur Sachherrschaft (=Verfügungsgewalt)

Gewahrsam als Tatbestandsmerkmal
Gewahrsam kann nur auf Sachen ausgeübt werden. Sachen sind im Sinne von § 90 BGB nur körperliche Gegenstände. Die Objekte müssen also greifbar sein. Daher sind elektrische Energie oder Gase und Dampfe von der Definition ausgeschlossen. In Abgrenzung zum Eigentum ist bei der Gewahrsam unbeachtlich, ob der Gewahrsamsinhaber auch das Recht zum Besitz hat. So wird die Gewahrsamsgewalt also auch von Tätern ausgeübt, die einen Gegenstand rechtswidrig erlangt haben. Die Gewahrsam ist ein Tatbestandsmerkmal, welches erfüllt sein muss, um überhaupt ein vollendetes Eigentumsdelikt begehen zu können.

Gewahrsamsprüfung
Liegt ein Verfahren wegen Diebstahl (oder andern Eigentumsdelikten) vor, dann wird anhand einer Gewahrsamprüfung nachvollzogen, ob der Täter die Gewahrsam an einem Gegenstand erlangt und der ehemalige Inhaber diese vollständig verloren hat. Diese Prüfung kann grob gefasst anhand von drei Leitfragen durchgeführt werden

1. Schritt: Wer war ursprünglicher Gewahrsamsinhaber?
2. Schritt: Liegt ein Gewahrsamsbruch vor?
Ein Gewahrsamsbruch ist die Aufhebung der Gewahrsam ohne den Willen des Inhabers (siehe Schritt 1).
​3. Schritt: Wurde eine neue Gewahrsam begründet?
Diese Neubegründung liegt dann vor, wenn der Täter oder Dritter die tatsächliche Herrschaft über die Sache erlangt hat und diese ohne Behinderung des ehemaligen Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Der ursprüngliche Inhaber kann also seinerseits nicht über die Sache verfügen und müsste die Verfügungsgewalt des Täters brechen.