Kurzerklärung

Abmahnungen gehören zu den mittelschweren Sanktionsmöglichkeiten eines Arbeitgebers, werden in der Regelmäßig schriftlich formuliert und können schlimmstenfalls zur Kündigung des Arbeitnehmers führen.

Konkludenter Verzicht auf Kündigung

Zu beachten ist, dass eine abgemahnt Pflichtverletzung nicht doppelt mit einer Kündigung „bestraft werden kann“. Macht der Arbeitgeber von einer Abmahnung gebraucht, verzichtet er damit gleichzeitig auf ein gegebenfalls bestehendes Kündigungsrecht. Die Kündigung dürfte erst bei wiederholtem Fehlverhalten ausgesprochen werden. Dies stellte das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 26.11.2009 klar  (2 AZR 751/08). Zu finden unter https://www.bag-urteil.com/26-11-2009-2-azr-751-08/

Form

Eine Abmahnung muss einen rechtlich vorgegebenen Mindeststandard einhalten. Drei Voraussetzungen müssen erfüllt werden:

  1. Inhalt und Zeitpunkt des Vertragsverstoßes müssen genau benannt werden. Die Aussage „Arbeitnehmer X kommt öfters mal zu spät“ genügt nicht;
  2. das Verhalten muss eindeutig gerügt werden;
  3. schließlich muss auch enthalten sein, dass ein erneuter Verstoß zur Kündigung führt.

 

Die Abmahnung gibt dem Vorgesetzten die Möglichkeit, gegen Vertragsverstöße rechtlich vorgehen zu können. Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist in der Regel erst gültig, wenn der Angestellte im Vorhinein durch die Rüge auf Konsequenzen seines Verhaltens hingewiesen wurde. Der Inhalt wird schriftlich formuliert. Theoretisch sind zwar auch mündlich getätigte Mahnungen legitim, doch von denen ist aus Beweisgründen und der Übersichtlichkeit wegen abzuraten.

 

Funktionen

Eine Abmahnung verfolgt aus rechtlicher Perspektive drei Funktionen: 

  1. Rügefunktion: anhand des Schreibens weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer eindeutig und bestimmt auf die Pflichtverletzung hin.
  2. Warnfunktion: die Abmahnung enthält die Warnung, dass erneutes Fehlverhalten gravierende Konsequenzen haben kann.
  3. Beweisfunktion: die Abmahnung dokumentiert, dass es zu einem Fehlverhalten gekommen ist. Solche Beweise sind insbesondere in gerichtlichen Streitigkeiten wegen einer Kündigung von Bedeutung.

Einmaliges Abmahnen genügt

Bei der Ausstellung von Abmahnungen gelten Grundsätze, die dem Schuldrecht ähnlich sind: so wie der Gläubiger den Schuldner nur einmal zur Kaufpreiszahlung auffordern muss, genügt auch eine einzige Abmahnung, um im Wiederholungsfall die Kündigung direkt aussprechen zu können. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass dieselbe Art von Pflichtverstoß begangen wurde. Abmahnungen sind ein scharfes Schwert und werden daher nur bei schwereren Vertragsverstößen erteilt. Eine Rüge aufgrund von „Lappalien“ ist illegitim. Eine zeitliche Begrenzung existiert nicht. So kann der Arbeitgeber auch Verhaltensweisen rügen, die längere Zeit zurückliegen.

 

Fälle unberechtigter Abmahnungen

Eine Mahnung ist vor allem unberechtigt, wenn sie die oben genannten Formanforderungen missachtet. Also das Fehlverhalten unpräzise dargestellt wird, die Inhalte unklar sind oder die zur Last gelegte Pflichtverletzung gar nicht begangen worden ist.

Ebenso ist eine Abmahnung illegitim, wenn sie im Einzelfall gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Dieses Prinzip besagt im engeren Sinne, dass die mit dem Schreiben einhergehenden Belastungen in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des Fehlverhaltens stehen müssen. Mit anderen Worten: in Bagatellfällen ist eine Abmahnung ungültig (zum Beispiel bei einmaligen Zuspätkommen von fünf Minuten)!

Zeitlicher Ablauf einer Abmahnung

Unter den Arbeitsrechtlern — und auch innerhalb der Rechtsprechung — ist die Frage umstritten, ob eine Abmahnung nach gewisser Zeit ihre Wirkung verliert. Nachdem diese Frage in einer Streitigkeit bis zum BAG gelangte, legte das Gericht die Hürden für einen solchen Zeitablauf sehr hoch. Danach entfällt die Wirkung eine Abmahnung erst dann wegen Zeitablaufs, wenn das zur Last gelegte Verhalten „in jeder Hinsicht bedeutungslos“ geworden ist (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 19.07.2012, AZR 782/11). Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Dem Arbeitgeber steht ein Recht auf Aufbewahrung zu, dass sich über mehrere Jahre erstrecken kann. 

Beschwerde über den Betriebsrat

Der Arbeitnehmer kann sich bei Erhalt der Abmahnung über den Betriebsrat beschweren, beispielsweise wegen Falschheit der Aussagen. Der Betriebsrat muss dann Unterstützung und Ver­mitt­lung bieten. Die­ses Recht folgt aus § 85 Abs.1 Be­trVG. Bei Nichtstun profitiert der Arbeitgeber. Die Aussichten auf eine Rückgängigmachung sinken für den Angestellten, wenn dieser in einem möglichen Gerichtsprozess kein Interesse an Gegenmaßnahmen nachweisen kann.

Anspruch auf Entfernung der Abmahnung

Wurde eine Abmahnung in unberechtigter Weise erteilt, ist sie rechtswidrig. Gegen rechtswidrige Abmahnungen kann der Arbeitnehmer aus §§ 611a, 1004 BGB (analog) vorgehen. Aus den Paragraphen ergibt sich ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. 

Abgesehen davon gewährt § 83 Abs. 2 BetrVG ein Recht auf Gegendarstellung in der Personalakte.

Wirkung der Abmahnung  vor Gericht

Die rechtliche Wirkung der Abmahnung ist insbesondere bei Klagen von Bedeutung, die sich gegen eine arbeitgeberseitige Kündigung richten (sogenannter Kündigungsschutzprozess). Wird dem Arbeitnehmer aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt, erfordert dies grundsätzlich zunächst das Vorliegen einer Abmahnung. Ein einzelnes pflichtwidriges Verhalten rechtfertigt nur in Ausnahmefällen das direkte Aussprechen der Kündigung. Denn mit dem Wegfall des Arbeitsplatzes gehen erhebliche Belastungen für den Beschäftigten einher. An die Berufstätigkeit sind nämlich in der Regel die Erwirtschaftung einer Lebensgrundlage und Teilnahme am Sozialleben geknüpft. 

Hier gibt es vertiefende Informationen zur Kündigung

https://marktplatz-sicherheit.de/portfolio/die-kuendigung-aus-der-arbeitgeberperspektive/

https://marktplatz-sicherheit.de/portfolio/die-kuendigung-aus-arbeitnehmerperspektive/